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02/03/04.01.2003 USA/Niederlanden/Südkorea

Dichtung oder Wahrheit? - Ungewissheit über Klonbabys

Die auf den Bahamas eingetragene Firma Clonaid hat behauptet, dass am 26. Dezember ein geklontes Baby zur Welt gekommen sei. Es sei um 11.55 Uhr EST mittels Kaiserschnitt zur Welt gebracht worden. Das Mädchen namens Eva wog 3.5 kg. Der Aufenthaltsort von Mutter und Kind sowie Details über die angewandte Klontechnik werden geheim gehalten. Der Mann der Mutter ist unfruchtbar. Gemäss der Präsidentin von Clonaid, Brigitte Boisselier, ist das von einer 31-jährigen Amerikanerin geklonte Baby wohlauf. Boisselier erklärte an einer eigens in Florida einberaumten Pressekonferenz, die DNA (Erbsubstanz) des Babys werde mit jener der Mutter verglichen, um die Klonierung zu überprüfen. Die Resultate seien in acht oder neun Tagen zu erwarten. Nach der Raël-Sekte, die 1997 eigens die Firma Clonaid gründete, sollen bis anfangs Februar vier weitere Klon-Babys geboren werden; das zweite als Kind eines lesbischen Paares bereits in dieser Woche in Nordeuropa. Nach neuesten Berichten, soll es in einem Land, das an Belgien grenzt, vermutlich in den Niederlanden zur Welt kommen. Zwei Babys sollen in Asien, vermutlich in Südkorea, auf die Welt kommen. Die Raël-Sekte zählt weltweit 55'000 Mitglieder.

Das serbische Gesundheitsministerium hat das Klonen von Menschen unterdessen verboten. Einen entsprechenden Erlass hat das Ministerium an alle Kliniken des Landes verteilt, sagte Gesundheitsminister Tomica Milosavljevic der Nachrichtenagentur Tanjug am Dienstag. Der umstrittene italienische Frauenarzt Severino Antinori hatte Mitte Dezember in Belgrad im Fernsehen die erste Geburt eines Klonbabys in Serbien für Januar angekündigt, ohne Einzelheiten zu nennen.

Kommentar: Bei allen Zweifeln, die zu den vermeldeten Klonbabys angebracht sind, muss eines ganz klar festgehalten werden. Jeder Versuch, einen Menschen zu klonen - auch wenn er nicht zum Erfolg führt -, ist ein schwerwiegendes Verbrechen! Frauen werden als Eizellspenderinnen und menschliche Embryonen zum biologischen Material degradiert. Es werden sämtliche Diagnosemethoden der Reproduktionsmedizin angewendet, die den Menschen als lebenswert oder lebensunwert deklarieren. Diese sind in sich ethisch verwerflich. Wer klont, nimmt den Reagenzglastod unzähliger Embryonen und den Tod von Kindern im Mutterleib in Kauf. Die Klontechnik und die begleitenden Diagnosetechniken stellen wohl den Gipfel der Kultur des Todes dar.
Zu bedenken ist ferner, dass ein geklonter Mensch einem enormen Erwartungsdruck von seiten der Erzeuger ausgesetzt sein wird, obwohl von Tierversuchen her klar ist, dass es niemals eine 100%ige Kopie sein wird. Ein geklonter Mensch ist Ergebnis eines Experimentes, das bezüglich seiner Verwerflichkeit jenen der Naziärzte nicht nachsteht.

Manche Wissenschaftler, Ethiker und Politiker, die sich über die Meldungen entsetzt geäussert haben, sollten überlegen, ob sie nicht selber ethisch verwerfliche Diagnosemethoden, die auch beim Klonen eingesetzt werden, anwenden bzw. als Ethiker und Politiker billigen.
Mit Verwunderung ist festzustellen, dass von Seiten der Reproduktionsmedizin zur Zeit keine Stellungnahmen verbreitet werden, welche etwa an Klonversuchen beteiligte Spezialisten für In-vitro-Fertilisation in die Schranken weisen würden. Von der American Society for Reproductive Medicine (ASRM) ist kein aktuelles Statement bekannt geworden. Immerhin hat sich der Präsident der Deutschen Bundesärztekammer in einem Interview gegenüber der Nachrichtenagentur dpa (siehe Financial Times Deutschland) klar gegen reproduktives und therapeutisches Klonen ausgesprochen.
Nachfolgend einige Überlegungen zur Klongeschichte der Raël-Sekte.

Weshalb sich Raëls Klongeschichte als irrig erweisen könnte Weshalb sich Raëls Klongeschichte als wahr erweisen könnte
Wenn die geklonten Embryonen in einem frühen Stadium transferiert wurden, wäre es kaum möglich gewesen, alle der "Mutter" allein zu übertragen. Ist es "Zufall", dass die Spenderin des Erbmaterials zugleich auch ihr Klonbaby austrug?

Geklonte Embryonen zwecks späterer Übertragung einzufrieren wäre eher kontraproduktiv, da die ohnehin geringen Überlebenschancen noch weiter vermindert würden.

Wenn die geklonten Embryonen etwa im Blastozyststadium transferiert wurden, dann wäre es möglich, diese allein der Mutter zu übertragen. Bisher ist es aber noch keinem Forschungsteam (weder ACT, noch in China) gelungen geklonte menschliche Embryonen in-vitro bis zum Blastozyststadium zu entwickeln.

Eine Sekte kann ihre Mitgliederinnen psychisch unter Druck setzen, so dass sich viele zur Eizellspende zur Verfügung stellen. Der enorm hohe Verbrauch (wahrscheinlich weit über 100) an frischen menschlichen Eizellen für eine einzige Klonschwangerschaft ist ein logistisches Problem, das eine Sekte am ehesten in den Griff bekommen könnte.

Das Tiefgefrieren der geklonten Embryonen könnte als primitive Selektionsmethode angewandt worden sein. Nur die Überlebensfähigsten überstehen den Auftauprozess und entwickeln sich weiter. Tiefgefrorene Embryonen lassen sich verhältnismässig einfach - als biologisches Material deklariert - von einem Ort zum anderen versenden. Der Ort der Übertragung muss nicht zwingend mit dem Ort der Zeugung (Klonierung) übereinstimmen.

Clonaid hat ihr Können bisher mit keinen wissenschaftlichen Publikationen (z.B. Tierversuche) unter Beweis gestellt und einem Expertenhearing im August 2002 vor der National Academy of Science in den USA keine plausiblen Auskünfte geben können.

Klontechniken werden weltweit in vielen Labors in Tierversuchen erprobt. Zudem sind eine zweistellige Zahl von Forschern an Infertilitätszentren bzw. Abteilungen für Geburtshilfe und Gynäkologie bei solchen Experimenten involviert oder führen diese gar eigenständig durch. Wer zur Embryonenforschung keine Skrupel hat, wird u.U. auch Motive (Geld, Sektenmitgliedschaft) haben, einer Raëlsekte beim reproduktiven Klonen unter die Arme zu greifen. Dass Ehrgeiz in diesem Zusammenhang blind machen kann, davon zeugen S. Antinori, P. Zavos und R. Seed.

Bisher konnte noch kein einziges Forscherteam die Geburt eines Affen- bzw. Primatenklons aus einem Zellkern eines erwachsenen Tieres vermelden. Daher ist auch das Klonen von Menschen sehr unwahrscheinlich. Die Reproduktionsmedizin verfügt wegen den IVF-Techniken über viel mehr Know-how beim Menschen als die Veterinärmediziner bei Affen. Versuche mit Affen wurden verhältnismässig selten ausgeführt, da sie sehr kostspielig sind.
Von den Tierversuchen her ist die ausserordentlich hohe Quote von Fehlbildungen und Aborten bekannt. Wenn die Raël-Sekte tatsächlich solche Versuche durchführte, müsste dies mit einer hohen Zahl von Aborten und Abtreibungen verbunden sein. Davon ist bisher nichts an die Öffentlichkeit gedrungen. Wenn die Sekte vor allem Mitglieder rekrutiert, können diese so unter Druck gesetzt werden, dass sie selbst über Aborte, erzwungene Abtreibungen und Totgeburten schweigen.
Angeblich unfruchtbare Paare zeugen nicht einmal so selten auf natürliche Weise Kinder. Das vermeintliche Klonbaby könnte in der Tat ein solches sein, so dass der Nachweis der Übereinstimmung des Erbgutes mit seiner Mutter tatsächlich nötig ist.

Die Raël Sekte könnte ihre Mitglieder so unter Druck gesetzt haben, dass diese um jeden Preis eine Schwangerschaft anstrebten - zusätzlich via natürlicher Zeugung! Betrogen wäre letztlich die Raël-Sekte selber!

Die Meldung von vier weiteren Klonbabys spricht eher für die Wahrheit der Klongeschichte. So häufig sind Spontanzeugungen bei unfruchtbaren Paaren auch wieder nicht. Beim lesbischen Paar ist so etwas ohnehin ausgeschlossen.
Entscheidend für den Nachweis der Behauptungen der Sekte ist die Probenahme beim Kind und bei der Zellkernspenderin für einen Vergleich der Erbsubstanz (DNA). Die Unabhängigkeit einer solchen Probenahme muss zum jetzigen Zeitpunkt bezweifelt werden. Ein Betrug bei der Probenahme kann nicht ausgeschlossen werden.

Interne Links

Externe Links

Natasha MCDowell, Cloning may be 'elaborate hoax' says monitor. New Scientist 7. Jan. (2003) Online

Natasha MCDowell, Dutch clone claimed - but no proof. New Scientist 6. Jan. (2003) Online

Natasha MCDowell, Second Cloned Baby Claim. New Scientist 3. Jan. (2003) Online

(afp) Raelianer: Geburt eines zweiten Klon-Babys noch in dieser Woche. Yahoo 2. Jan. (2003)

Gina Kolata, Kenneth Chang, For Clonaid, a Trail of Unproven Claims. The New York Times 1. Jan. (2002) Online.

Rosenfelder Andreas/Claude Vorhilon, Keiner will sterben. Unsere Revolution: Ein Gespräch mit dem geistlichen Führer der Raelianer. FAZ 31. Dez. (2002) 33.

S. Korean Claims Clone Pregnancy. Wired News 31. Dez. (2002) Online.

Gina Kolata, Experts Are Suspicious of Claim of Cloned Human's Birth. The New York Times 28. Dez. (2002) Online.

Emma Young, First cloned baby "born on 26 December". New Scientist 27. Dez. (2002) Online.