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25.11.2001 Schweiz, ergänzt 22.04.2002

Der Bundesrat will Gesetz erlassen, welches das Opfern von Embryonen für den Mammon erlaubt!

Powerplay zwischen Forschung, Ethikkommission und Politik - Die Steuerzahler dürfen zuschauen

Der Bundesrat hat die Ausarbeitung eines Bundesgesetzes über die Forschung an Embryonen in die Wege geleitet. Zwar befindet sich schon ein Bundesgesetz über die Forschung am Menschen in der Phase im Entstehen, doch erachtet der Bundesrat aus Gründen der Aktualität (SNF Stammzellenentscheid) ein getrenntes Gesetz, das später in das Bundesgesetz über die Forschung am Menschen integriert werden soll, als notwendig. Im Originalton heisst es in der Pressemeldung vom 21. Nov. 2001: "In diesem Gesetz gilt es zu klären, ob und falls ja unter welchen Bedingungen überzählige Embryonen und daraus gewonnene embryonale Stammzellen für die Forschung verwendet werden dürfen." Bereits im Frühjahr 2002 soll ein Bundesgesetz über die Forschung an Embryonen in die Vernehmlassung geschickt werden. Aus verschiedenen Medienmitteilungen geht allerdings hervor, dass der Gesetzesentwurf eine Zulassung der Embryonenforschung unter bestimmten Rahmenbedingungen beinhalten wird.

Mit seinem Entscheid hat der Bundesrat eine von Nationalrat Walter Schmied eingereichte Motion für ein dringliches Bundesgesetz über die Einfuhr von embryonalen Stammzellen abgewimmelt. Schmied beruft sich auf das seit 1. Januar 2001 geltende Fortpflanzungsmedizingesetz, das gemäss Art. 5 Abs 3. das Ablösen von einer oder mehreren Zellen vom Embryo in-vitro verbietet. Der Bundesrat will diese Bestimmung in seiner Antwort nur auf die Präimplantationsdiagnostik, nicht aber auf die Forschung anwenden. Damit belohnt er geradezu den Schweizerischen Nationalfond (SNF), der im September auf dreiste Art vorpreschte und ein Forschungsprojekt in Genf, welches den Import von Stammzellen beinhaltet, kurzerhand bewilligte. Damit werden nun für ein ethisch verwerfliches Projekt Gelder verwendet ohne dass die Steuerzahler Gelegenheit zur Ablehnung haben. Ständerat Fritz Schiesser, Präsident des SNF, erklärte in einem Interview mit der NZZ: "Hätten die Forscher aber einen privaten Mäzen auf ihrer Seite gewusst, der den vergleichsweise lächerlichen Betrag von 300 000 Franken aufgebracht hätte, hätten wir vielleicht gar nichts vom Forschungsvorhaben erfahren." Die hinter dieser Aussage verborgene Mentalität ist leider bezeichnend für den Forschungsstandortes Schweiz, besonders was den Bereich der Reproduktionsmedizin betrifft (Details siehe unten).

Vor diesem Hintergrund ist die Behauptung des Bundesrates, dass die Voraussetzungen für den Erlass eines dringlichen Bundesgesetzes fehlen sollen, unverständlich: "Im vorliegenden Fall ist die zeitliche Dringlichkeit nicht so gross, dass deswegen der Ablauf der Referendumsfrist und der Ausgang einer allfälligen Volksabstimmung nicht abgewartet werden könnten." Bis eine Volksabstimmung über ein Bundesgesetz über die Forschung an Embryonen stattfindet, wird die Forschung in der Schweiz den Boden so bereitet haben, dass der Zeitpunkt kommen könnte, um "therapeutisches" Klonen unverblümt zu fordern. Wenn schon der SNF mit seinem dreisten Vorgehen und die Nationale Ethikkommission für den Humanbereich mit ihrem taktische Zaudern sich als unfähig erweisen Verantwortung zu zeigen, sollte wenigstens der Bundesrat mit einem Moratorium dem Treiben ein Ende setzen, damit die Schweizer Bürger entscheiden können, was sie wollen. Direkte Demokratie ist an sich nicht so zu verstehen, dass an den Bürgerinnen und Bürgern direkt vorbeipolitisiert wird. Statt dessen überträgt er ausgerechnet der Stiftung Science et Cité den Auftrag, eine öffentliche Diskussion zu lancieren und in diesem Rahmen die Anliegen der Bevölkerung aufzunehmen. Diese Stiftung hat unlängst eine Podiumsgespräch über Stammzellen durchgeführt, das zu forschungsfreundlich zusammengesetzt war.

Erpressung von Seiten der Reproduktionsmedizin? 1000 eingefrorene Embryonen in der Schweiz!

Eine wichtige Rolle im Powerplay von Forschung, Politik und Ethikkommission spielt die gut organisierte Reproduktionsmedizin mit der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW), der Schweiz. Gesellschaft für Fertilität und Sterilität und Familienplanung (FIVNAT), der Schweiz. Gesellschaft für Gynäkologie und der Schweiz. Gesellschaft für Neonatologie. Präsident der FIVNAT ist Prof. M.K. Hohl, Chefarzt der Frauenklinik des Kantonsspitals in Baden. Dieser hat bis Ende 2000, als das Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) noch nicht in Kraft war, den sogenannten Blastozystentransfer praktiziert. Bei diesem Verfahren werden sieben und mehr Embryonen erzeugt und 5 bis 7 Tage in-vitro kultiviert. Dabei sterben viele ab. Die übrig gebliebenen (meistens zwei) erweisen ihre erhöhte Überlebensfähigkeit durch eine hohe Implantationsrate (ca. 50%) nach dem Transfer in die Gebärmutter.
Dieses Verfahren vestösst ganz klar gegen Art. 119 der Schweiz. Bundesverfassung, wonach nur so viele menschliche Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau zu Embryonen entwickelt werden dürfen, als ihr sofort eingepflanzt werden können (Art. 2 Bst. c). Erst als das FMedG in Kraft gesetzt wurde, hat Prof. Hohl nach eigenen Angaben dieses unrechtmässige Verfahren eingestellt, da zuvor noch keine Strafbestimmungen griffen.
Gemäss einer Recherche der Berner Zeitung sollen in Baden 200 Embryonen tiefgefroren sein, wobei diese Zahl indirekt durch Prof. Hohl bestätigt wurde, als er in einem Vortrag erwähnte, dass in der Schweiz insgesamt 1000 Embryonen tiefgefroren seien. Wenn man bedenkt, dass in der BRD von einer zweistelligen Zahl solcher Embryonen gesprochen wird, muss in der Schweiz sehr viel schief gelaufen sein. Das deutsche Embryonenschutzgesetz ist seit dem 1. Januar 1991 in Kraft; die erwähnte Bestimmung in der Schweiz. Bundesverfassung (damals Art. 24novies) wurde am 17. Mai 1992 vom Schweizer Volk angenommen. Prof. Hohl fordert nun unverblümt nach einer umfangreichen Lockerung des FMedG und bringt dabei die vielen von der Reproduktionsmedizin erzeugten und zu verantwortenden überzähligen Embryonen ins Spiel. Da sowohl in Baden wie auch am Universitätsspital Genf gegen die Schweiz. Bundesverfassungen verstossen wurde, müsste zuerst einmal das FMedG durchgesetzt werden. Diesbezüglich gut begründete Appelle an die Bundesrätin Ruth Metzler und die entsprechenden Kantone, welche die Kontrollaufsicht ausüben, haben nichts gefruchtet. In einem Brief der Bundesrätin vom 28. August 2000 hiess es:
"Ich bin überzeugt, dass die Kantone ihre Aufsicht streng handhaben." Diese Überzeugung entbehrt in den genannten Fällen leider jeder Grundlage. Auch ein Schreiben an die SAMW, deren Zentrale Ethikkommission (ZEK) sich mit den Fällen befasste, fruchtete nichts - im Gegenteil. Die ZEK riet sogar, das Anliegen direkt an den Präsidenten der FIVNAT, Prof. M. K. Hohl, Chefarzt der Frauenklinik am Kantonsspital in Baden zu richten...

Negatives Beispiel für einseitige Informationspolitik: Neue Zürcher Zeitung (NZZ)

Angesichts dieser Missstände würde man erwarten, dass die Medien auf diesem Gebiet ein aufklärende Rolle spielen würden. Kritische Artikel, welche der ethischen und rechtlichen Problematik gerecht werden, sind aber eher die Ausnahme. Vielmehr kommen häufig forschungsfreundliche Forscher, Ethiker und Politiker zu Wort, welche die ganze Angelegenheit verharmlosen und eine Lockerung der bestehenden gesetzlichen Schranken fordern. Dies kann am Dossier der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) über Biomedizin nachgeprüft werden. Praktisch alle Autoren jener Artikelserie befürworten den Import bzw. die Forschung an embryonalen Stammzellen mit unterschiedlichen Nuancen, wobei Stimmen und Argumente für ein striktes Verbot erst in der letzten Zeit berücksichtigt worden sind.

Argumente gegen Import und Produktion von embryonalen Stammzellen

In Kürze seien einige Argumente genannt:

Die Menschenwürde gilt ab Befruchtung Anfang: Die Fusion von Samen- und Eizelle ist die Conditio sine qua non. Mit ihr beginnt zweifellos neues menschliches Leben. Die Nidation ist lediglich eine zweite Bedingung, deren Voraussetzung die Fusion ist.

Potentialität: Die befruchtete Eizelle in ihrem frühesten Stadium hat ein enormes Entwicklungspotenzial hin zu einem erwachsenen Menschen mit einer Lebenserwartung von durchschnittlich ca. 75 Jahren. Auch wenn Unsicherheit bezüglich des Entwicklungspotenzials bestehen können, darf es nicht im vornherein abgesprochen werden. Ei- und Samenzelle je für sich betrachtet haben lediglich eine Überlebensfähigkeit von Stunden bzw. Tagen.

Oft wird das Potentialitätsargument abgetan, indem darauf hingewiesen wird, dass ein Prinz mit dem Recht Thronfolger zu werden damit nicht schon die Rechte des Königs besitzt. "Wenn der König bestimmte Rechte hat, so doch nicht schon der potenzielle König." (Bettina Schöne-Seifert) Analog wird dann dem menschlichen Embryo das Recht auf Leben auf unzulässige Weise abgesprochen. Warum? Das Recht König zu werden berührt das Recht auf Leben des Prinzen nicht. Beim Embryo geht es jedoch um seine Existenz. Jeder Weinbauer würde zu Recht auf Schadenersatz klagen, wenn jemand sämtliche Blüten an den Reben seines Weinberges entfernen würde, in der Meinung es seien ja lediglich potentielle Trauben. Der Hinweis auf die Potentialität der menschlichen Embryonen ist deshalb ein stichhaltiges philosophisches Argument, dessen Ignoranz sich als fatal erweist.

Ursache: Die Existenz jedes geborenen Kindes geht auf die Verschmelzung von Ei- und Samenzelle zurück. Die Reproduktionsmedizin macht sich dieses Faktum zunutze. Wenn wir die menschliche Vernunft und den freien Willen als Auszeichnung des Menschen betrachten, dann müssen wir den Menschen auch in jenen Stadien achten, welche die Voraussetzung für deren künftige Ausübung bilden.

Kontinuierliche Entwicklung: Selbst Forscher, die Forschung an Embryonen und embryonalen Stammzellen befürworten, müssen eingestehen, dass es in der vorgeburtlichen Entwicklung des Menschen keine Zäsuren gibt. Die Entwicklung verläuft von Anfang an kontinuierlich. Deshalb lässt sich aus bestimmten Entwicklungsstadien kein Mehr oder Weniger an Wert oder gar ein Urteil über lebenswert bzw. lebensunwert ableiten.

Christliche Menschenwürde: Vom christlichen Standpunkt beruht die Menschenwürde nicht nur in der Ebenbildlichkeit des Menschen, sondern auch in der Menschwerdung und Erlösungstat Christi. Wer glaubt, dass Jesus wahrer Gott und wahrer Mensch ist, erkennt im Menschen auch in seinen frühesten Entwicklungsstadien eine erhabene Würde, "denn er, der Sohn Gottes, hat sich in seiner Menschwerdung gewissermassen mit jedem Menschen vereinigt." (II. Vatikanum, GS 22) Christliche Theologie und Moral (siehe Prof. J. Fischer, NZZ vom 17. Sept. 2001) darf nicht darüber hinwegsehen.

Es gibt keine Embryonen zweiter Klasse (in-vivo/in-vitro oder geklont) Wenn wir das Potentialitätsargument ernst nehmen, dann gibt es in dieser Hinsicht keinen Unterschied. Menschliche Embryonen sind auf Entwicklung hin zum erwachsenen Menschen angelegt, ob sie in-vivo oder in-vitro gezeugt oder gar geklont wurden. Der Theologe Prof. Johannes Fischer (Mitglied der Nationalen Ethikkommission) hat behauptet, bei überzähligen Embryonen handle es sich nicht um existierende Menschen. Es handle sich auch nicht um werdende Menschen, "da bei überzähligen Embryonen die äusseren Voraussetzungen dafür fehlen, dass aus ihnen ein Mensch hervorgehen kann." Daher hält er die Forschung an solchen Embryonen für sittlich vertretbar. Wenn ein menschlicher Embryo weder ein "werdender" noch ein "existierender" Mensch ist, worin unterscheidet er sich dann von Maus-, Hamster- und Rattenembryonen? Ist die Gleichbehandlung des menschlichen Embryos mit jenen dieser tierischen Spezies gerechtfertigt? Wenn Prof. J. Fischer die Schutzwürdigkeit von menschlichen Embryonen von äusseren Bedingungen, welche die Entwicklung beeinflussen, abhängig macht, dann müsste er sich konsequenterweise die Frage stellen, ob die Entwicklung eines Säuglings nicht auch von äusseren Bedingungen abhängig ist.
Moral leitet sich nicht aus Recht ab Sehr oft wird behauptet, die Tatsache, dass staatliche Gesetze die Tötung von ungeborenen Kindern (meist bis 12 Wochen) nicht bestraft, müsse sich auch auf die Schutzwürdigkeit der Embryonen auswirken. Es sei ungereimt, dass in Deutschland das Embryonenschutzgesetz die Forschung an Embryonen verbietet, während § 218a unter bestimmten Bedingungen die Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruches regelt. Das Argument zielt ins Leere, denn Recht hat sich prinzipiell an der Moral zu orientieren und nicht umgekehrt.
Bei der Produktion von embryonalen Stammzellen werden Embryonen getötet Selbst wenn bewiesen wäre, dass embryonale Stammzellen ein hohes Potential für die Erzeugung von transplantierbarem Gewebe haben, ist es nicht erlaubt, deswegen Embryonen zu töten oder sogar extra für diesen Zweck Embryonen zu zeugen. Der Hinweis, diese Embryonen seien ohnehin überzählig und damit dem Tod geweiht, zählt nicht, da die in-vitro-Zeugung ohnehin der Würde der menschlichen Fortpflanzung widerspricht. Mit den zunehmenden erschreckenden Berichten über den respektlosen Umgang mit in-vitro gezeugtem menschlichem Leben sollte klar werden, dass die Zulassung der In-vitro-Fertilisation ein folgenschwerer Fehler war, welcher diesen Manipulationen Tür und Tor eröffnete.
Der Import von embryonalen Stammzellen löst das Problem nicht Exponenten der Nationalen Ethikkommission gestehen offen zu, dass der Import von embryonalen Stammzellen unethisch ist. Durch den Import besteht eine Mitwirkung an einem rechtlich und ethisch verwerflichen Verfahren, das im Ausland unter Bedingungen durchgeführt wird, die im Inland nicht erlaubt wären. Wenn sie deshalb nicht ein Verbot des Importes, sondern eine Erlaubnis des selben Verfahrens im Inland fordern, dann leiten sie wiederum in unzulässiger Weise Moral aus Recht ab.

Externe Links

Ausführlicher Bericht über eine Tagung "Embryonenforschung und Embryonenschutz": Diskutieren ja, - aber möglichst nur in eine bestimmte Richtung! - (in Zürich 22. Sept. 2001) auf der Webseite von Human Life International Schweiz.

Amtliche Texte:

Pressemeldung des Bundesrates vom 21. Nov. 2001: Bundesrat will Forschung an embryonalen Stammzellen in einem eigenen Bundesgesetz regeln.

01.3531 - Motion von Nationalrat Walter Schmied vom 4. Okt. 2001: Dringliches Bundesgesetz über die Einfuhr von embryonalen Stammzellen. Inkl. unbefriedigende Antwort des Bundesrates.

01.441 - Parlamentarische Initiative von Nationalrätin Rosmarie Dormann vom 17. Sept. 2001: Verbot der verbrauchenden Forschung an Embryonen. Moratorium.

Fortpflanzungsmedizingesetz (seit 1. Jan. 2000 in Kraft) HTML PDF (61 K) fundierte Kritik

Fortpflanzungsmedizinverordung (PDF, seit. 1. Jan. 2000 in Kraft)

Stiftung Science et Cité: Zitat: "Science et Cité ergreift in den Pro- und Kontra-Debatten oder bei Abstimmungskampagnen nicht Partei. In diesem Bereich beschränkt sich die Rolle der Stiftung auf die Qualität der Debatte: sie will die kontradiktorische Auseinandersetzung fördern, die Konfrontation jedoch bekämpfen." (Zitat aus der Homepage)

Pressereaktionen:

Battaglia Denise, Auf Druck der Forschung: Bundesbehörden wollen Forscher an menschliche Embryonen heranlassen. BZ 14.Nov. (2001) 9. inkl. Zusatzartikel Embryonen: Zahlen unter Verschluss.

wab, Gesetz zur Forschung an embryonalen Stammzellen. NZZ 22. Nov. (2001) 14.

hof, «Die Wissenschaft ist der Politik immer ein Schritt voraus.» Diskussion um die umstrittene Stammzellforschung NZZ 13. Nov. (2001) 15. (Interview mit den beiden Mitgliedern des SNF und FDP-Ständerat Fritz Schiesser und SP-Nationalrätin Barbara Haering).

Dossier Biomedizin der NZZ (leider eher einseitig für Forschung an embryonalen Stammzellen!)

Dossier Bioethik der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) (sehr empfehlenswert!)