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09.10.2001 Schweiz

"Diskutiert ruhig - aber bitte erst, nachdem wir schon fleissig geforscht haben":

Der Schweizerischer Nationalfond (SNF) bewilligt Import von embryonalen Stammzellen

Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) will die Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen (ESZ) zukünftig unterstützen. Dies hat der Stiftungsrat an seiner ordentlichen Sitzung vom 28. September 2001 entschieden. Der SNF teilte mit, ein von Genfer Forschenden vorliegendes Projekt werde vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützt. Gleichzeitig mit seinem grundsätzlichen Ja zur ESZ-Forschung empfiehlt der SNF dem Gesetzgeber, die Forschung mit menschlichen ESZ gesetzlich klar zu regeln.

Für die Bewilligung von derartigen Forschungsprojekten müssen gemäss SNF alle der folgenden Bedingungen erfüllt werden:

"(1) Die Forschung muss vom nationalen Forschungsrat und den mit der Evaluation beauftragten Experten aus wissenschaftlicher Sicht als unterstützungswürdig beurteilt werden;

(2) die Projekte sind rein wissenschaftlicher und nicht kommerzieller Natur;

(3) sie verfolgen klar definierte therapeutische Ziele, die nicht auf anderem Weg insbesondere mit adulten Stammzellen erreicht werden können; (4)

die zuständigen Ethikkommissionen legen keinerlei Einwände gegen die Projekte vor;

(5) die Stammzelllinien werden unentgeltlich aus einem Land bezogen, wo sie auf nicht kommerzieller Basis aus überzähligen, zu Fortpflanzungszwecken aus in vitro hergestellten Embryonen legal gewonnen wurden;

(6) die Spenderinnen der überzähligen Embryonen sind mit der Verwendung der Embryonen zu Forschungszwecken einverstanden."

In der Pressemitteilung heisst es, diese dargelegte Position des SNF habe "vorläufigen Charakter". Sie werde bei Bedarf an neue Erkenntnisse und Rahmenbedingungen angepasst. Der SNF fordert zugleich mit seinem Entscheid den Gesetzgeber auf, die Herstellung embryonaler Stammzellen, bei denen die Embryonen vernichtet werden, zuzulassen. Er behauptet, mit dem Import werde die ethische Verantwortung lediglich ins Ausland delegiert und die angestrebte Kontrolle erschwert. Zudem hätten die Schweizer Forschenden keinen Einfluss auf die Qualität der verwendeten Stammzelllinien. Der SNF beruft sich in seiner Argumentation auf Art. 20 der Schweizerischen Bundesverfassung, in dem die Freiheit der Wissenschaft garantiert wird und ordnet diese in unzulässiger Weise der Bestimmung zum Schutz der Menschenwürde (Art. 7) und dem Recht auf Leben (Art. 10) unter.

Mit diesem Entscheid hat sich der SNF nicht im Geringsten um die Meinung der Nationalen Ethikkommission geschert. Diese hatte es zwar auch nicht fertig gebracht, die Problematik ethisch korrekt zu bewerten und zu einem definitiven Nein zur Forschung an embryonalen Stammzellen zu kommen, mahnte aber immerhin noch zur Zurückhaltung, bis die Diskussion in der Schweiz in Gang gekommen sei. Geradezu unverschämt ist der Hinweis des SNF, der Gesetzgeber habe mit dem Erlass des Fortpflanzungsmedizingesetzes bewusst in Kauf genommen, dass überzählige Embryonen entstehen könnten. Anlässlich einer Tagung vom 28. Sept. 2001 in Zürich zum Thema "Embryonenschutz und Embryonenforschung" ging ganz klar hervor, dass Schweizer Reproduktionsmediziner seit 1993, dem Inkrafttreten von Art. 24novies (heute Art. 119), überzählige Embryonen produziert und damit klar gegen die Bundesverfassung verstossen haben. Auf diesen Sachverhalt angesprochen erklärte ein Reproduktionsmediziner, er habe sich von Juristen beraten lassen. Diese hätten ihm erklärt, er könne nicht bestraft werden, da die Gesetze aufgrund der Bundesverfassung noch gar nicht erlassen seien. Im Vorfeld einer Volksabstimmung (12. März 2000) über ein Verbot der In-vitro-Fertilisation war hingegen von Seiten der Reproduktionsmediziner beteuert worden, es werde keine überzähligen Embryonen geben und sie würden schon seit Jahren die Bestimmungen des schon ausgearbeiteten, aber noch nicht in Kraft getretenen Fortpflanzungsmedizingesetzes einhalten.

Zum dreisten Vorgehen des SNF kommt noch eine unverfrorene Heuchelei am Schluss seines Positionspapiers:

"Der SNF würde es ausdrücklich begrüssen, wenn im Rahmen dieser Gesetzgebungsarbeiten eine breit abgestützte öffentliche Debatte über die juristischen und ethischen Grenzen der Stammzellenforschung und der Embryonenforschung im weiteren Sinn in Gang kommen würde."

Der SNF finanziert seine Projekte mit Hilfe von Steuergeldern. Wenn er für ethisch problematische Projekte solche Steuergelder verwendet, müsste er mindestens die Meinung der Steuerzahler berücksichtigen. Diese scheint ihm offensichtlich egal zu sein.


Externe Links

Schweizerischer Nationalfond

Positionspapier des SNF zur Verwendung von menschlichen, embryonalen Stammzellen in der biomedizinischen Forschung, 28. Sept 2001

Pressemitteilung vom 28. Sept. 2001